Estland 2: Vom Peipus-See zurück zur Küste
28. September 2019
Unser Besuch des Klosters Pühtitsa fand am Nachmittag statt, so dass wir uns anschließend erst einmal einen Platz für die Nacht suchen. In einem Wald-/Sumpfgebiet werden wir fündig, fahren hier am nächsten Tag über mehr oder weniger gute Forstwege weiter.
Bald ist der Peipus-See erreicht. Schöne Kirchen gibt es unterwegs recht häufig zu sehen. Zunächst ein Abstecher nach Osten nach Vasknarva, wo der Fluss Narva aus dem Peipus-See heraus beginnt und die Grenze zu Russland bildet. Das russisch-orthodoxe Kloster kann leider nicht besucht werden.
Unser Weg führt uns nun nahe am riesigen See entlang, der fast den Eindruck eines Meeres vermittelt. Immerhin ist er siebenmal so groß wie der Bodensee! Von kleinen Parkplätzen aus kann man durch die Kiefernwälder das Dünengelände am Ufer erreichen. Über uns kreisen die Seeadler. Kostenlose RMK-Camps (RMK ist die einheimische Forstverwaltung) bieten die Möglichkeit an schönen Stellen zu bleiben - zumindest außerhalb der Saison, denn in der Saison dürfte hier viel zu viel los sein.
In den Ortschaften wohnen vielfach Altgläubige, Angehörige einer Glaubensgemeinschaft, die im 17. Jahrhundert aus Russland geflohen sind. Der kleine Ort Kallaste ist ein typisches Beispiel für ein Dorf der Altgläubigen.
Alte Gerätschaften, Trucks, Maschinen faszinieren uns regelmäßig. Die teilweise als besonders sehenswert beschriebenen Roten Sandsteinfelsen von Kallaste überzeugen uns allerdings nicht.
Wir verlassen den Peipus-See; es geht über Tartu nach Westen Richtung Soomaa Nationalpark. Unterwegs schauen wir noch kurz beim Schloss Alatskivi vorbei, das nach Vorbild des Schlosses Balmoral in Schottland gebaut wurde. Später finden wir an einem kleineren See einen Platz für die Nacht.
Am nächsten Tag hat sich das Wetter deutlich verschlechtert. In strömendem Regen durchfahren wir Viljandi. Im Nationalpark gibt es wieder RMK-Camps. Feuerholz liegt bereit, sogar das Spaltmaterial mit Erklärung zur richtigen Benutzung ist vorhanden. Bei der Wetterlage können wir allerdings das Angebot nicht nutzen.
In den nächsten Tagen herrscht ein Wechsel zwischen Wolken, Sonne und Regengüssen. Die Regenpausen nutzen wir für kürzere Wanderungen im Nationalpark, der ausgedehnte Wälder und Moorlandschaften schützt. Auf den im Frühjahr regelmäßig überfluteten Wiesen weiden wie althergebracht Rinder, um die Vegetation kurz zu halten.
Eine sehr schöne Wanderung führt auf Bohlenwegen durch das Moor. Wir haben Glück, erwischen wir doch genau das richtige kurzzeitige Schönwetterloch für dieses Gebiet. Libellen sonnen sich auf den Holzbohlen, das Torfmoos bringt Farbtupfer in die Landschaft. In der Ferne hören wir Kraniche, und dann sehen wir auch große Trupps über uns hinweg ziehen. Also scheint nun endlich der längst erwartete Vogelzug zu beginnen.
Wir kommen so gerade noch trocken beim MAN an. Den nächsten Regen sitzen wir in einem weiteren RMK-Camp aus. Es ist ein wenig wie im April - schneller Wechsel der Wettersituationen. Und so lässt sich nach einigen Stunden auch wieder die Sonne blicken, macht die Landschaft gleich wieder viel attraktiver.
Am nächsten Tag dann erst einmal Dauerregen. Auf der Naturstraße sauen wir den Großen Wagen ganz schön ein. Wir verlassen das Gebiet und steuern den nächsten Nationalpark weiter im Norden an. Der Matsalu Nationalpark ist besonders zur Zeit des Vogelzuges interessant. Entlang der Küste sind Beobachtungstürme errichtet. Alle Türme, die wir aufsuchen, bieten allerdings zumeist nur Vögel in größerer Ferne, also nichts fürs Fotografieren, sondern nur zum Beobachten. Aber auf den Äckern und Wiesen finden wir sie dann doch: große Mengen an rastenden und teilweise recht nah vorüberziehenden Kranichen und Graugänsen.
Auch im nördlichen Teil des Schutzgebietes gibt es Vögel zu beobachten. Hier finden sich Gänse, Schwäne, und viele Enten, hauptsächlich Pfeifenten, alle allerdings wieder in größerer Distanz. Nur beim Vorüberziehen kriegt man sie mal näher vor die Linse.
An manchen Küstenabschnitten dann wieder nichts. Obwohl - nichts stimmt nicht so ganz. Kirchenruinen, alte Maschinen, Windmühlen sind durchaus interessant, noch interessanter aber die riesige Pappel, die bei Topu unter Schutz gestellt ist. Die Kirche und vor allem den Friedhof von Kirbla schauen wir uns unterwegs auch noch an.
Wir beschließen, auch noch den nördlichsten Punkt des Festlandes aufzusuchen, denn hier soll es den Spot für die Beobachtung der Herbstmigration geben. Am Kap Põõsaspea treffen wir dann auch erstmalig zahlreiche Vogelbeobachter an, aber die Beobachtung des Zuges ist hier wohl eher etwas für Enthusiasten, fliegen die Schwärme doch in größerer Entfernung vorbei. Auf den Findlingen am Ufer lassen sich aber Kormorane und Möwen recht gut beobachten. Und einige einzelne Vögel kommen auch schon einmal etwas näher vorbei.
Eigentlich wollten wir noch die Inseln im Nordwesten Estlands besuchen, aber wir lassen diese aus, verschieben sie aufs nächste Mal. Dies einerseits aus Wettergründen - wir haben immer wieder mit heftigem Regen zu tun - andererseits vor allem aber aus Zeitgründen. Auf unserer Fahrt nach Süden kriegen wir dann erfreulicherweise einzelne Kraniche näher vor die Kamera.
Wieder einmal übernachten wir an einem kleinen See. Auf Nebenstrecke direkt entlang der Küste suchen wir noch mehrere mögliche Vogel-Raststationen auf, aber hier ist im Moment noch nichts zu entdecken.
Auch am Kabli Bird Observatory, wo die ziehenden Vögel in riesigen Netzen gefangen und beringt werden, tut sich bei unserem Aufenthalt nichts. Dieses Jahr ist es anscheinend noch zu früh, aber wir sind froh, haben wir doch zumindest einige gute Beobachtungen machen können. Nun soll es aber nach Lettland gehen.
Weiter geht es mit Lettland 1: Vom Gauja Nationalpark nach Riga