Fuerteventura 3: Der Norden
27. Januar – 11. Februar 2024
Nicht weit entfernt von Barranco und Embalse de los Molinos liegt der kleine Ort Tindaya. Die Tindaya-Ebene soll ein Hotspot für die Vogelbeobachtung sein, und so machen wir uns auf den Weg dorthin. In der Ortschaft befindet sich eine nette Kirche, die Ermita de Nuestra Señora de la Caridad. Eindrucksvoll ist aber vor allem der Montaña Sagrada de Tindaya, der für die Ureinwohner der Insel ein heiliger Ort war.
Auf dem Weg Richtung Küste durchfahren wir eine landwirtschaftlich genutzte Gegend und entdecken einige blühende Blumen. Danach geht es auf schmaler, holpriger Piste durch eine fast vegetationslose steppenartige Landschaft, wo uns, wie schon an so vielen anderen Stellen, die Riesenmengen an Glasscherben (zerworfene Flaschen) erschrecken.
Oberhalb der steilen Felsküste finden wir einen guten Platz, an dem wir bleiben, da es für Fuerteventura-Verhältnisse relativ windstill ist. Die Küste ist schön, aber auch wieder nicht zum Baden geeignet. Hier sollte wohl einmal eine Erschließung stattfinden, die planierten Flächen sind noch deutlich zu erkennen, aber dann durfte (aus Umweltschutzgründen?) nicht gebaut werden. Aber zwei Gebäuderuinen sind da, eine davon hat sich anscheinend jemand für Wohnzwecke eingerichtet.
Als der Wind zu stark wird und die bei der heftigen Brandung aufgewirbelte Gischt den Großen Wagen komplett einzusalzen droht suchen wir uns einen anderen Platz ein gutes Stück von der Küste entfernt, zwar längst nicht so schön wie der vorige, aber dafür ohne Salz! Kolkraben schauen regelmäßig vorbei, ob es etwas Essbares zu ergattern gibt, auf den wenigen kahlen dornigen Büschen können wir einen Kanaren-Raubwürger beobachten.
Wir unternehmen verschiedene Pirschfahrten durch das Gebiet, natürlich bleiben wir auf den Pisten, was den Spuren im Gelände nach zu urteilen, nicht alle tun. Mehrfach entdecken wir eine absolute Rarität, die Fuerteventura-Kragentrappe, die in ihrem Bestand gefährdet ist. Das Finden ist übrigens gar nicht so einfach. Recht gut zu erkennen sind sie, wenn sie sich an erhöhter Stelle gegen den Horizont zeigen. Auf dem steinigen Untergrund hingegen sind sie sehr gut getarnt. Teilweise hocken sie auch hinter Steinen. Doch schaut selbst. Habt Ihr sie gefunden?
Wir haben den Vorteil, dass wir im MAN recht hoch sitzen und von daher mehr sehen als aus einem PKW. Die Calima-Wetterlage macht uns allerdings auch beim Fotografieren zu schaffen, ist doch auf die Entfernung die Sicht mal wieder sehr schlecht. Auf jeden Fall sind wir froh, diese seltenen Tiere gesehen zu haben.
In der Nähe befindet sich ein weiteres Highlight, das Barranco de los Encantados. Hierbei handelt es sich um eine Schlucht mit schönen Sandsteinformationen, in denen auch Fossilien zu finden sind. Eine Piste bringt uns zum Startpunkt der Wanderung. Eine Vielzahl an blühenden Pflanzen (teilweise Endemiten) lockt auch einige Tiere an. Die Atlashörnchen scheinen beispielsweise im Moment die Blüten des Strauch-Dornlattichs gerne zu futtern.
Dann tauchen die ersten Sandsteinformationen auf, viele davon leider durch irgendwelche Idioten beschädigt oder ganz zerstört. Jede noch so kleine sich anbietende Fläche ist durch Einritzungen jeglicher Art „verziert“. Wie blöd muss man sein, solche Naturphänomene derart zu beschädigen! Weiter hinten in der Schlucht nehmen die Kritzeleien dann etwas ab, sind aber nach wie vor vorhanden.
Nördlich von Lajares besteigen wir einen Vulkankrater, den Calderón Hondo. Zunächst geht es vorbei am Montaña Colorada, wo man noch deutlich die Spuren früherer Steinbrucharbeiten sehen kann. Entlang des Weges betteln zahllose Atlashörnchen um Futter, das sie von den vielen Touristen auch erhalten. Entsprechend gut genährt sind die possierlichen Nager. Der Wanderweg endet an einem Aussichtspunkt am Kraterrand, von wo man einerseits eine gute Aussicht bis hinüber nach Lanzarote (unserem nächsten Ziel) hat, andererseits den gut erhaltenen Krater bewundern kann. Man könnte diesen Krater auch oben auf dem Rand umrunden, aber wir sind heute nicht ganz so früh wie sonst, und so sind schon unzählige Menschen auf gleichem Weg unterwegs. Das macht keinen Spaß, und so steigen wir wieder hinab und fahren zur Nordküste.
Wir wollen die Piste von Majanicho nach El Cotillo fahren. Hier boxt der Papst, so viele Womos, Vans und was sonst noch haben wir hier bisher noch nicht gesehen. Teilweise sind wir froh, dass wir in den engen Kurven ohne Gegenverkehr so gerade an den abenteuerlich geparkten Fahrzeugen vorbeikommen. Surfergebiet – die Brandung ist auch wirklich eindrucksvoll. Erstaunlicherweise finden wir trotzdem einen Platz für die Nacht ohne Tumult und Kuschelcamper, erleben endlich einmal einen brauchbaren Sonnenuntergang.
Wie gut, dass wir nicht weitergefahren sind zum empfohlenen Playa Concha. Dort hätten wir auf keinen Fall bleiben wollen!
Der Wind wird wieder einmal extrem heftig und nervig. So fahren wir erneut in den Küstenbereich bei Tindaya, haben wir dort doch eine Gebäuderuine in Erinnerung, die uns zumindest ein wenig Windschutz bietet, so dass wir halbwegs gut schlafen können, ohne komplett durchgerüttelt zu werden.
Am nächsten Tag wieder mehr Ruhe, so dass wir der Holperpiste entlang der Steilküste in südliche Richtung folgen. Teilweise gibt es auch schöne Strände, aber bei der Brandung baden ist uns zu riskant. Das wird wohl auf dieser Reise nichts mehr. Dafür haben wir aber einen guten Platz. Leider hört Calima irgendwie überhaupt nicht wieder auf. Auf den Fotos ist dies teilweise deutlich zu erkennen, speziell wenn man von der Küste weg aufs Inselinnere blickt. Die Angabe der Luftqualität schwankt jeweils zwischen schlecht, sehr schlecht, extrem schlecht. Es hat sogar eine offizielle Wetterwarnung für alle Kanarischen Inseln gegeben, die von körperlichen Aktivitäten zumindest für gewisse Personengruppen abrät. Nicht nur ist der MAN komplett eingestaubt, so schmutzig wie selten. Auch wir atmen den feinen Staub ja ein – sicherlich nicht gesund! Dazu kommen auch deutlich zu hohe Temperaturen für die Jahreszeit.
Als der Wind zunimmt verziehen wir uns mehr ins Inselinnere. Wir haben von drei Barrancos in der weiteren Umgebung des zuletzt besuchten gelesen, die auch einen Abstecher lohnen sollen. Auf sandiger Piste geht es dorthin. Zumindest zwei davon schauen wir uns an, beim dritten verbietet ein Schild das Betreten aufgrund von Vogelschutzmaßnahmen. Da halten wir uns natürlich dran. Wir wandern morgens, wenn die Luft noch halbwegs klar ist, danach ist Ruhe angesagt. Auch hier blüht so einiges, sind viele Fossilien im Sandstein zu finden.
Im zweiten Barranco haben wir durch die höher aufragenden Seitenwände Schutz vor dem wieder auffrischenden Wind. Hier lohnt eine Erkundung der kleineren Seitencanyons. Beschädigungen gibt es vereinzelt auch, aber halten sich Gottseidank in Grenzen. Subfossile Urnennester von Pelzbienen sind massenhaft zu sehen.
Es ist mal wieder ein Großeinkauf fällig. Der kleine Supermarkt in El Cotillo ist dafür nicht geeignet. Da wir aber sowieso noch einmal einen Abstecher in südliche Richtung zum Barranco de la Torre machen werden, können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einkauf in Puerto del Rosario, danach weiter zu den Salinas del Carmen und dann über Pisten zum Barranco. Auf dem Weg dorthin schauen wir uns die Höhlen bei Los Estancos an.
Auf die Salinas del Carmen und das dort befindliche Walskelett werfen wir allerdings nur von außen einen Blick. Die Eintrittsgebühren halten wir für nicht mehr in Funktion befindliche Salinen für zu hoch, haben wir doch auf La Palma die noch genutzten Salinen kostenlos besichtigen können.
In der Bucht des Barranco de la Torre sind wir nicht alleine, aber die anderen Camper stehen so weit entfernt, dass es nicht stört. Wie schön, einmal wieder Bäume zu sehen.
Natürlich wandern wir in die Schlucht. Diese soll auch ein Vogel-Hotspot sein. Und tatsächlich entdecken wir neben blühenden Seidenpflanzenbäumen auch einige Vögel, wenn auch nicht in großen Massen. Immerhin drei Schmutzgeier kreisen über uns. Auch einige Schmetterlinge fliegen herum und besuchen die wenigen Blüten, die zu finden sind. Es handelt sich hierbei um den Afrikanischen Monarchen.
Wäschewaschen ist ebenfalls mal wieder dringend angesagt. Das ist, wie teilweise das Einkaufen, gar nicht so einfach. Es gibt zwar Waschsalons, aber Parken ist für uns das Problem. Wir schauen uns vorher mit Street View die Gegebenheiten an. In Corralejo gibt es zwar mehrere Wäschereien, aber wohl nur eine, bei der wie eine Möglichkeit zum Parken auf dem gegenüber liegenden Mercadona-Parkplatz haben. Allein – keine Chance auf freie Maschinen in der nächsten Zeit. Anscheinend wird hier auch von Hotels Wäsche gewaschen. Riesenberge schmutziger Handtücher und Bettwäsche liegen überall auf dem Boden herum. So muss es halt eine der anderen sein. Hier sind ausreichend Maschinen frei, aber Parken ist nicht. So heißt es die Wäsche auf längerer Strecke dorthin zu schleppen. Aber nun sind wir erst einmal wieder versorgt.
Anschließend fahren wir durch das Dünengebiet von Corralejo. Es ist ein Schutzgebiet mit strengen Regeln, an die sich aber viele nicht halten. Und wieso in einem Naturschutzgebiet so hässliche Hotelkomplexe gebaut werden durften verstehen wir gar nicht. Am Montaña Roja halten wir am Straßenrand an, haben einen guten Blick auf die Küste, im Hintergrund ist Lanzarote hinter der gelblichen Calima-Wolke zu sehen.
Südlich davon bleiben wir für die nächsten beiden Tage direkt an der Küste. Wir können es kaum glauben. Calima ist nach lang anhaltender Dauer vorüber, endlich mal wieder klare Luft.
Ausgelassen haben wir bisher ein „must see“ - die sogenannten Popcornstrände nahe Corralejo. Direkt an einem der Strände hat jemand ein großes Areal als „privat“ abgesteckt. Ob das alles so mit rechten Dingen zugeht?
In einem ausgedehnten Lavafeld hinter den Stränden entdecken wir einen größeren Lavabogen.
Für die letzte Nacht fahren wir noch einmal über Pisten zurück in eins der Barrancos, wo wir diesmal dank der klaren Luft einen stimmungsvollen Abschiedsabend haben.
Am nächsten Morgen geht es in den Hafen von Corralejo, von wo wir für den frühen Vormittag die Fähre nach Lanzarote gebucht haben. Nach vier Wochen auf Fuerteventura steuern wir nun unsere letzte Kanaren-Insel an.
Weiter geht es mit Lanzarote 1: Küste und Vulkane