Kreta: Vielfalt im Osten
19. - 29. Dezember 2024
Auf dem Weg zum Großeinkauf in Sitia machen wir noch einen Abstecher zu einem kleinen verlassenen Dorf. Etia mit seinen beiden Kirchen Agios Ioannis und Agia Katerini soll aus byzantinischer Zeit stammen. Zur Zeit der venezianischen Besetzung der Insel war es eins der größten Dörfer der Umgebung. Heute sind neben den beiden Kirchen nur noch wenige Ruinen zu sehen, wobei eins der Gebäude restauriert wurde und als Airbnb vermietet wird. Hauptattraktion ist die venezianische Villa, die im späten 15. Jahrhundert von Pietro Dei Mezzo erbaut wurde. Noch heute ist sein Wappen über dem Eingangstor des mittlerweile restaurierten Gebäudes zu erkennen. Eine Innenbesichtigung ist bei unserem Besuch nicht möglich – geschlossen.
Die Ortsdurchfahrt durch Sitia ist trotz viel Verkehr problemlos, dies gilt auch für das Parken am Lidl, ist doch hier deutlich mehr Platz als in Ierapetra und vor allem gibt es auch Bereiche ohne Schattendächer.
Nun fahren wir entlang der Nordküste in östliche Richtung. Wir suchen eine Piste, die uns hinunter in eine Bucht bringt. Allerdings ist bereits von hier oben zu erkennen, dass dort irgendeine obskure Anlage installiert wurde, so lassen wir das lieber. Aber bei diesem Stopp entdecken wir zufällig schöne Fels-/Tafoniformationen.
Das Kloster Toplou lassen wir heute erst einmal links liegen, suchen uns ein Stück entfernt einen Platz für die Nacht. Die kleine Kapelle ist, wie die meisten Kapellen in Griechenland, geöffnet und durchaus sehenswert.
Am nächsten Tag geht es dann zurück zum Kloster, das wir allerdings nur von außen anschauen.
Unser Ziel ist die Toplou-Schlucht. Über einen gekennzeichneten Pfad steigen wir hinab auf den Grund der Schlucht und folgen diesem in Richtung Küste, beäugt von misstrauischen Schafen. Der Weg wird schwieriger, sind doch immer wieder kleinere oder größere Felsbrocken zu überwinden. Den Strand am Ende erreichen wir nicht, da dies eine ziemliche Kraxelei und auch Kletterei bedeutet hätte. Aus dem Alter sind wir raus, so drehen wir um und gehen auf dem gleichen Weg zurück.
Beim Aufstieg entdecken wir dann noch interessante Tafoni-Formationen. Die windschiefen Bäume oberhalb erinnern uns stark an die patagonischen Exemplare.
Heute geht es soweit wie möglich in den Nordosten. Kurz vor dem Sperrgebiet gibt es einige schöne Buchten, zwar allesamt belegt von griechischen Dauer-Wohnwagen, die aber derzeit nicht bewohnt sind. Wir bleiben neben zwei davon direkt an der felsigen Küste. In der Sandbucht gegenüber wäre es zwar vielleicht schöner, aber dort wäre es schwierig, den MAN gerade auszurichten, außerdem gibt es absolut kein Netz. Hier haben wir zumindest eins, wenn auch nur ein schwaches Signal. Wir sitzen draußen in der Sonne, genießen das gute Wetter.
Nachts regnet es dann etwas, vor allem aber tobt ein heftiger Wind, der für unruhigen Schlaf sorgt. Also fahren wir ab und bleiben für die nächsten Tage bei gutem Wetter in der Nähe der Ruinen von Itanos. Da wir den MAN hier gut in den Wind drehen können, sind die Nächte wieder ungestört. Neben den Ruinen einer Basilika bewundern wir vor allem die Felsformationen am Strand.
Zum Palmenwald von Vai, eine der Haupt-Touristenattraktionen der Gegend, machen wir nur einen kurzen Ausflug, kennen wir diesen doch aus früheren Zeiten noch völlig untouristisch. Mittlerweile ist alles eingezäunt, ein riesiger, kostenpflichtiger Parkplatz ist angelegt. Alles ist streng reglementiert. Schnell wieder weg hier, wenn auch die vielen Palmen (es sollen mehr als 5000 sein) in Europas größtem Palmenwald nach wie vor sehr beeindruckend sind. Es handelt sich übrigens um eine besondere Palmenart, die Kretische Dattelpalme (Phoenix theophrasti). Anders als bei der Echten Dattelpalme sind die Früchte aber nicht genießbar.
Wir laden mal wieder die Fahrräder ab, erforschen die Umgebung etwas ausgiebiger. Wir entdecken eine schöne Küste mit kleinen Buchten, vor allem aber unzählige Schafe mit vielen neugeborenen Lämmern.
Heiligabend – nachts hat es ein wenig geregnet, aber der angekündigte Starkwind ist Gottseidank ausgeblieben. Ein paar frische Kleinigkeiten fehlen uns noch für unsere Weihnachtsessen. Diese kaufen wir in Palekastro ein. Leider beginnt es wieder zu regnen.
Das Wetter ist derzeit ein wenig wie bei uns im April. Es ist nicht kalt, aber Regen und Sonne wechseln sich jeweils ab. Durch eine Berglandschaft mit kleinen Dörfern und schönen Schluchten nähern wir uns Xerokampos, unserem Ziel für die Weihnachtstage.
Wir suchen uns einen windgeschützten Platz, denn Wind soll in den nächsten Tagen unser häufiger Begleiter sein. Eine ausführlichere Besichtigung unseres Platzes und der Umgebung fällt zunächst aus, da heftiger Regen einsetzt. Da macht doch ein leckeres Fondue gleich noch viel mehr Spaß.
Am 1. Weihnachtstag klart es dann aber wieder auf, wenn auch der Wind immer noch recht stark ist. Gelegenheit zu Spaziergängen entlang der Küste. Von der Kapelle oberhalb unseres Platzes, von der wir tatsächlich noch alte Fotos in unserem Archiv haben, existieren nur noch Trümmer. Lediglich ein Grab (?) ist erhalten geblieben.
In der Nacht hat es wieder etwas geregnet, aber am Morgen des 2. Weihnachtstages ist das Wetter gut. So fahren wir nach Kato Zakros, von wo aus wir zur Pelekita-Höhle wandern wollen. Zunächst ist etwas Kraxelei nötig, aber dann wird der Pfad ganz gut begehbar. Unzählige Krummstäbe blühen. Leider wird es nach etwa zwei Drittel der Strecke immer schlammiger, der rote Lehm klebt in dicken Schichten unter den Schuhen, das Vorwärtskommen wird immer schwieriger. So drehen wir an den gewaltigen Findlingen um, stapfen zurück zum Großen Wagen und fahren für die Nacht wieder nach Xerokampos. Falls Ihr Euch nun wundert, dass wir die Schlucht der Toten nicht gewandert sind – das haben wir bei früheren Besuchen bereits mehrfach getan, und dies zur Blütezeit, wo es sicherlich viel eindrucksvoller ist als jetzt.
Nach dem mittlerweile häufigen nächtlichen Regen verlassen wir die Küste bei Xerokampos und fahren über viele Serpentinen hinauf nach Ziros, wo wir in der guten Bäckerei noch einmal frisches Brot erstehen. Auch der kleine Metzger ist nicht schlecht. Ein wenig frisches Gemüse können wir im Minimarkt auch ergattern. Wir haben uns nämlich entschlossen, unsere Einkäufe für den Jahreswechsel nicht in einer der größeren Ortschaften, sondern hier zu erledigen.
Über Chandras geht es nun nach Voila, das nicht weit von Etia entfernt liegt. Voila ist ein verlassenes venezianisches Dorf. Im Mittelalter lebte hier eine aus Venedig stammende islamische Adelsfamilie, die den heute in Teilen noch ganz gut erhaltenen Genna-Turm erbauen ließ. Einige der Gebäude sind noch so erhalten, dass man hinein gehen kann.
In der Kirche gibt es ein Fresko der Jungfrau Maria. Am Rande des Dorfes findet sich ein Brunnen mit türkischen Motiven. Insgesamt finden wir Voila deutlich lohnender als Etia, das uns auch schon gut gefallen hatte.
Hier oben wollen wir natürlich nicht bleiben, da es doch einige Grad kühler ist als an der Küste. So führt uns ein schmaler Weg hinunter in eine Bucht, zunächst noch auf Asphalt, später dann als Schotterpiste, teilweise etwas ausgekolkt durch die Regenfälle der letzten Zeit, aber für uns insgesamt kein Problem. Am Abend setzt dann wieder Regen ein, es wird zusehends windiger. So ist die Nachtruhe auch nicht besonders gut, ist es doch durch den Wind recht laut und wird der MAN ganz gut durchgeschüttelt. Aber am nächsten Morgen klart es auf, der Wind hat deutlich nachgelassen. Gelegenheit zu einem Spaziergang zu der nahegelegenen Schlucht. Die Heide blüht, die ersten Anemonen sind zu sehen, allerdings noch nicht geöffnet.
Das Wetter hat sich weiter gebessert, die Sonne scheint wieder, wenn auch ein kurzer Regenschauer für einen morgendlichen Regenbogen sorgt. Die Wettervorhersage ist gut, so dass wir beschließen, die Wanderung in die Perivolakia-Schlucht (auch als Pervolakia-Schlucht bezeichnet) anzugehen. Auf dem Weg dorthin noch kurz ein paar Fotos des Weihnachtsschmucks in Goudouras.
Dann ist der Zugang zur Perivolakia-Schlucht, über dem eindrucksvoll das Kloster Moni Kapsa thront, erreicht. Die Schlucht gefällt uns ausgesprochen gut, steile Felswände zu beiden Seiten, viele Alraunen beachtlicher Größe blühen, zahlreiche Geier sitzen in den Steilwänden und kreisen über uns. Leider zieht es sich zunehmend zu je weiter wir in die Schlucht vordringen. Und dann fängt es urplötzlich an zu schütten. Schnell die Regenjacken aus den Rucksäcken hervorgeholt und dann zügig zurück Richtung Küste. Oben herum trocken, aber mit pitschnassen Hosen erreichen wir schließlich den Ausgang der Schlucht, wo nun ironischerweise wieder die Sonne scheint.
Auf dem Weg zu dem Platz an der schönen Felsküste, wo wir auf dem Weg nach Osten schon einmal waren, setzt sich dann das „Aprilwetter“ mit Wechsel zwischen kurzen Regengüssen und nachfolgendem Sonnenschein fort.