Euböa: Der Norden
26. Februar – 04. März 2025
Überpünktlich laufen wir im Hafen von Piräus ein. Wie gut, dass wir uns den Wecker gestellt hatten. Ansonsten hätten wir nicht mehr duschen können. Das enge Kramen in Chania rächt sich für uns, denn ein hinter uns auf Tuchfühlung abgestellter LKW kann seine Bremse nicht lösen. Es dauert und dauert bis wir endlich von Bord können. Mittlerweile hat der Berufsverkehr rund um Athen eingesetzt. Extrem dichter Verkehr mit teilweise chaotischer, um nicht zu sagen aggressiver Fahrweise, gefühlt hunderte von Mopeds, die sich abenteuerlich durch jede noch so kleine Lücke hindurchschlängeln und der erste Stau seit Monaten gefallen uns gar nicht. Die Abfallberge entlang der Straßen erinnern uns heftig an die auf Sizilien. Einfach nur furchtbar! Wir sind froh, als wir die Großstadt letztendlich hinter uns lassen können.
Mautfrei fahren wir über Theben Richtung Euböa. Über die neue Brücke erreichen wir das quirlige Chalkida, wo auch recht viel Verkehr herrscht. Nach einem Großeinkauf bei Lidl verlassen wir das Gewühl und fahren durch waldreiche Gegend nach Norden. In Prokopi schauen wir uns ein „Heiligtum“ an, das Johannes dem Russen, auch Johannes von Euböa genannt, geweiht ist. Um die große Kirche herum sind heftige Bauarbeiten im Gange, im prächtigen Innenraum darf leider nicht fotografiert werden. Die mumifizierten Gebeine des Heiligen in einem Glassarg sind schon ein wenig gruselig.
Am Wegesrand entdecken wir auf der Weiterfahrt größere Vorkommen der Kretischen Schwertlilie, leider auch die ersten Anzeichen der Waldbrände der letzten Jahre. An einem ruhigen Kiesstrand nahe Limni bleiben wir für heute.
Unser Plan ist eigentlich, nun immer der Küstenlinie in nordwestliche Richtung weiter zu folgen. Aber ab Rovies ist die Küstenstraße gesperrt. Deshalb heißt es einen größeren Umweg durch die Berge fahren. Weite Landstriche sind abgebrannt – ein trauriger Anblick.
Schließlich erreichen wir den Küstenort Loutra Edipsou, wo es eine große Zahl an Thermalquellen gibt. Bereits in der Antike war hier ein bedeutender Kurort, der als „Bad des Herkules (Herakles)“ bekannt war. Dieser soll hier entsprechend der Mythologie nach Verletzungen seine Kräfte wieder aufgebaut haben. Entlang der Strandpromenade gibt es herrschaftliche Gebäude, aber auch langsam verfallende. Nach Kur ist uns nun gar nicht, zumal die kleinen Becken immer wieder besetzt sind, aber die farbenfrohen Formationen schauen wir uns natürlich gerne an.
Danach fahren wir hinaus auf die Lichada-Halbinsel, wo es entlang der Küste intensiv blüht. Die beabsichtigten Übernachtungsplätze können wir nicht erreichen, hängen doch die Äste viel zu niedrig, stehen die Bäume zu dicht beieinander und sind die Wege zu stark verschlammt. Bei trockenem Wetter hätten wir es vielleicht trotzdem versucht, aber im Moment macht das Durchfahren der tiefen und recht großen Matschlöcher leider keinen Sinn. So nehmen wir halt für heute eine andere Stelle, die eigentlich auch nicht schlecht ist, aber direkt unterhalb von Ferienhäusern liegt. Diese sind im Moment nicht besetzt, so dass es für eine Nacht gehen sollte. Ab morgen könnten die Eigentümer bedingt durch das lange Karnevalswochenende aber erscheinen, also nichts für länger. Auch hier blüht so einiges.
Unser nächstes Ziel erreichen wir am folgenden Tag unnötigerweise über eine schlammige Piste, es hätte eine asphaltierte Zufahrt gegeben. Wir verbringen den Tag und die Nacht in der Nähe des Livari-Feuchtgebietes, wo allerdings anders als in den Beschreibungen so gut wie keine Vögel zu sehen sind.
Am Morgen danach entdecken wir dann, dass das Gebiet nicht weit entfernt noch eine bessere Wahl gewesen wäre. Der Strand ist viel länger, gefällt uns auch besser. Und im Feuchtgebiet sind zumindest Flamingos zu sehen. Wir überlegen, ob wir bleiben sollen, aber das gute Wetter soll erst einmal nur noch ein, zwei Tage halten. Und wir möchten das nächste Ziel in den Bergen unbedingt bei vernünftigem Wetter machen. Also fahren wir davon.
Wieder führt uns der Weg durch restlos abgebrannte Gegenden. Auch beim Drymonas Wasserfall ist der umgebende Wald komplett weg, der Wasserfall selbst ist ganz hübsch, führt er im Moment doch genug Wasser mit sich.
Außerdem blühen in der unmittelbaren Umgebung des Wasserlaufs einige schöne Blumen. Bei einer Griechin, die oben am Parkplatz ihre hausgemachten Köstlichkeiten aufgebaut hat, kaufen wir ein paar Leckereien, denken wir doch, dass es Sinn macht, die Menschen hier, die teilweise durch die Brände sehr viel verloren haben, zu unterstützen.
In der Nähe hat man große Mengen an versteinertem Holz gefunden. Es soll sich um einen der bedeutendsten Funde in Europa handeln, man spricht sogar von einem versteinerten Wald. Leider ist das Grabungsareal nicht zugänglich, da bleibt nur der Blick über den hohen Zaun, bevor wir an einer Kapelle mit einem riesigen noch lebenden Baum Mittagspause machen.
Anschließend heißt es durch eine betonierte, aber stark beschädigte Furt – die Unwetter der letzten Zeit haben mit ihren großen Wassermassen nicht nur hier vieles zerstört – eine Piste in ein ehemaliges Minengebiet nehmen.
Das zweite von uns ausgesuchte Minengebiet soll noch eindrucksvoller sein. Durch Wald – auch hier sieht man Brandspuren, aber die Bäume leben noch und Harz wird nach alter Methode abgezapft – erreichen wir zwischen Dafnousa und Troupi einen lost place: ehemalige Minengebäude verfallen.
Bald sind die Bergbauseen nördlich von Troupi erreicht. Hier wurde im 19. Jahrhundert Magnesiumcarbonat abgebaut. Nachdem die Bergbautätigkeit aufgegeben wurde, blieb ein Gebiet mit tiefen Kratern zurück, woraus im Laufe der Zeit ein sehenswertes Ökosystem mit Seen und Wäldern entstand.
Leider liegt wie überall, wo man mit dem Fahrzeug hinkommt, auch hier eine große Menge an abgekipptem Abfall, Bauschutt, Sperrmüll herum. Was für eine Schande! Umweltbewusstsein scheint für viele immer noch ein Fremdwort zu sein.
Der nächste Tag entspricht dann der Wettervorhersage. Den ganzen Tag stehen wir im Dies, es ist deutlich kälter geworden. Wie gut, dass wir nicht am Strand geblieben sind, sondern direkt hier hoch gefahren sind. So haben wir die Landschaft noch bei gutem Wetter und in schönen Farben erlebt. Nachts dann heftiger Regen, der allerdings am Morgen aufhört.
Da machen wir doch einen kurzen Abstecher an die Küste zum Strand von Krya Vrysi. Leider regnet es hier wieder heftig, die Temperatur fällt weiter. Eine Regenpause nutzen wir, gut eingepackt, um den mit Holz übersäten Strand kurz anzuschauen. Unwetter und damit verbundene Wassermassen haben die abgebrannten Bäume den Fluss hinunter mit sich geführt und hierher zum Strand gebracht. Es gäbe hier auch noch einen sehenswerten Felsbogen, aber die kleine Holzbrücke über den Fluss hat es weggerissen, und der Strand steht unter Wasser, so dass keine Chance besteht, diesen ohne nasse Füße zu erreichen. Dazu haben wir bei dem Wetter absolut keine Lust.
Nach einer ruhigen Nacht nimmt leider der Wind heftig zu, eine unruhige Nacht würde bevorstehen. Da fahren wir lieber zurück ins Minengebiet, da wir dort windgeschützter stehen können. Diesmal wollen wir versuchen, die Piste von Norden her zum Troupi-See zu fahren. Bald gelangen wir allerdings an ein Stopp-Schild. Die Gebäude rechts und links sind bereits verfallen. Aber ein Mensch mit Geländewagen erscheint und weist uns darauf hin, dass wir keine Erlaubnis hätten, hier zu fahren. Wir wissen nicht, ob dort tatsächlich noch aktiv gearbeitet wird, die Bauten, die wir in der Ferne sehen, sehen allesamt total abgewrackt aus.
Den Lake Kola, der sehr attraktiv sein soll, hätten wir doch gerne gesehen. Aber gut, dann fahren wir halt zurück an den Troupi-See, wo wir bei einem Pistenabstecher noch einen weiteren „lost place“ (und natürlich auch wieder Abfallberge) entdecken.
An unserem Platz stehen wir dann windgeschützt und bei deutlich besser werdendem Wetter, wenn auch sehr kühlen Temperaturen, schön und ungestört.
Weiter geht es mit Euböa: Der Süden